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NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

AKTUELL 10/2024


Nachrichten

Internationale Adoptionsvermittlung rückläufig


Die internationale Adoptionsvermittlung in Deutschland und weltweit ist in den letzten Jahren laut einer Pressemitteilung des Bundeamts für Justiz (BfJ) v. 2.4.2024 deutlich rückläufig. Die Adoptionsvermittlungsstellen haben dem BfJ bis Mitte Februar 2024 nur 43 Auslandsadoptionen aus 2023 gemeldet (Vorjahr 77; mit Nachmeldungen für 2023 ist zu rechnen). Stärkster Herkunftsstaat auf dieser Grundlage war Thailand (12). Insgesamt wurden Kinder aus 9 Herkunftsstaaten nach Deutschland vermittelt, davon rund 90 % aus Vertragsstaaten des Haager Adoptionsübereinkommens. Überwiegend handelte es sich um Fremdadoptionen (77 %), im Übrigen um Verwandtenadoptionen.

Das BfJ war 2023 an insgesamt 218 familiengerichtlichen Verfahren zur Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung beteiligt (Vorjahr: 217). Das Niveau liegt insgesamt über den durch die Vermittlungsstellen gemeldeten Zahlen, weil die Anerkennung ausländischer Adoptionen auch Fälle umfasst, in denen im Ausland Adoptionen ohne Beteiligung von deutschen Adoptionsvermittlungsstellen durchgeführt wurden. Als Herkunftsstaat lag im Berichtsjahr Thailand (33) an der Spitze, gefolgt von den USA (15). Insgesamt betrafen die Anerkennungsverfahren 56 Herkunftsstaaten, etwa zwei Drittel Vertragsstaaten, ein Drittel Nicht-Vertragsstaaten. Mehr als die Hälfte der Anerkennungsverfahren betraf Fremdadoptionen.

Als Zentrale Behörde nach dem Haager Adoptionsübereinkommen erfüllt das BfJ koordinierende Aufgaben bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Daneben ist es an den familiengerichtlichen Verfahren zur Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung ausländischer Adoptionsentscheidungen beteiligt und gibt im Rahmen dessen gutachterliche Stellungnahmen ab. Zuständig für die konkrete Adoptionsvermittlung von Kindern aus dem Ausland nach Deutschland sind die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter und die staatlich anerkannten Auslandsvermittlungsstellen in freier Trägerschaft.


Träger der Kinder- und Jugendhilfe


Zum Stichtag 15.12.2022 haben bundesweit rund 29.600 Träger der Kinder- und Jugendhilfe Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) wahrgenommen. Davon waren 6.200 öffentliche Träger (zB Jugendämter, Landesjugendämter, Gemeinden) und 23.400 freie Träger (zB Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt, aber auch kleinere Vereine oder GmbHs). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis)

am 28.3.2024 weiter mitteilte, beschäftigten die Träger der Kinder- und Jugendhilfe 274.800 Personen als pädagogisches, Leitungs- und Verwaltungspersonal. Davon waren 76.300 Personen bei Trägern der öffentlichen und 198.500 bei Trägern der freien Kinder- und Jugendhilfe tätig. Rund drei Viertel des Personals (75,3 % bzw. 206.900) waren Frauen. Nicht mitgezählt werden jeweils Personen, die in Kindertageseinrichtungen tätig sind.

103.600 Personen waren in sogenannten betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (zB Heime und sonstige betreute Wohnformen, Eltern-Kind-Einrichtungen, Internate und Tagesgruppen) als pädagogisches oder Leitungspersonal beschäftigt. Mit 91,8 % war die überwiegende Mehrheit davon pädagogisch tätig. Zudem arbeiteten 55.700 Personen im Bereich der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (zB Jugendarbeit, Familienberatung, ambulante Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfe; ohne schulbezogene Angebote), weitere 43.000 waren im Bereich schulbezogene Angebote der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt. Darüber hinaus waren 35.800 Personen mit Aufgaben im Bereich der Verwaltung,

Planung, Steuerung, Finanzierung, Qualitätssicherung und -entwicklung betraut.

Von den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe wurden insgesamt 10.700 betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen gemäß § 45 SGB VIII betrieben (ohne Kindertageseinrichtungen). Die überwiegende Mehrheit (95,9 %) dieser Einrichtungen befand sich in freier Trägerschaft. Die übrigen 4,1 % der Einrichtungen wurden von öffentlichen Trägern betrieben. Zum Stichtag 15.12.2022 standen in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe 15.200 Gruppen oder Betreuungsformen mit insgesamt 154.400 genehmigten Plätzen zur Unterbringung oder Betreuung junger Menschen zur Verfügung. 140.000 Plätze oder 90,7 % davon waren tatsächlich belegt.


Bundestag beschließt neues Namensrecht


Zukünftig können Eheleute einen gemeinsamen Doppelnamen führen. Diese und andere Änderungen im Ehenamens- und Geburtsnamenrecht (BT-Drs. 20/9041) hat der Bundestag am 12.4.2024 angenommen. Der Rechtsausschuss hatte zuvor noch Änderungen am Ursprungsentwurf vorgenommen (BT-Drs. 20/10997). Das neue Recht soll am 1.5.2025 in Kraft treten.

Konkret beinhaltet die Reform u.a. die Einführung „echter Doppelnamen“. Bisher mussten sich Eheleute, wenn sie einen gemeinsamen Ehenamen führen wollten, für einen Namen der Eheleute entscheiden. Lediglich einem Ehepartner war es erlaubt, seinen bisherigen Namen als Begleitnamen hinzuzufügen. Mit der verabschiedeten Gesetzesänderung können nun künftig beide Ehepartner einen Doppelnamen führen. Diese Neuregelung

gilt zukünftig auch für Kinder. Führen die Eltern einen gemeinsamen Doppelnamen, kann diesen neuerdings auch das Kind tragen. Die Regelung eines Doppelnamens gilt auch dann, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Ehenamen tragen. Dies soll die Zugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen nach außen „dokumentieren“. Die Gesetzesänderung sieht zudem vor, dass im Falle einer Scheidung nicht nur ein Elternteil den Ehenamen ablegen kann, sondern auch das Kind den Nachnamen ändern kann. Dem Kind soll somit die Möglichkeit geschaffen werden, den Familiennamen des Elternteils zu tragen, in dessen Haushalt es lebt. Diese Regelung gilt auch für einbenannte Stiefkinder. Für letztere wird der strenge Kindeswohlmaßstab von § 1618 S. 4 BGB („zum Wohl des Kindes erforderlich“) aufgegeben und durch die bloße Kindeswohldienlichkeit in § 1617e II 2 BGB ersetzt. Neu ist auch die Einführung einer „Rückbenennung“ in § 1617e III BGB.

Eine weitere Änderung betrifft nationale Minderheiten und ausländische Namenstraditionen. So sind künftig zum Beispiel traditionelle und geschlechterangepasste Formen des Familiennamens möglich. Aber auch der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption wurde aufgehoben.

Gegenüber dem Regierungsentwurf nahm der Ausschuss auf Antrag der Koalitionsfraktionen noch diverse Änderungen am Ursprungstext vor. Ursprünglich angedacht war, dass ein Doppelname im Regelfall mit Bindestrich verbunden werden soll. Das Gesetz sieht nun jedoch vor, dass auf Erklärung der Eheleute auch eine Führung des Doppelnamens ohne Bindestrich möglich ist. Für den Fall, dass Eltern für ihr Kind keinen Geburtsnamen festlegen, trägt das Kind grundsätzlich einen Doppelnamen aus den Namen der Eltern.

Darüber hinaus ist es nunmehr möglich, auch den Familiennamen eines verstorbenen Elternteils anzunehmen. Bei Namensbestimmung nach dänischer Tradition gilt das auch für den Namen eines verstorbenen nahen Angehörigen.

Außerdem ist dem Änderungsantrag folgend nunmehr geregelt, dass der Name einer Person künftig nach den Sachvorschriften desjenigen Staates bestimmt wird, in dem diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. „Neben den weiter bestehenden Möglichkeiten der beschränkten Rechtswahl für den Ehenamen und den Namen des Kindes wird allgemein die Möglichkeit eröffnet, den Namen nach dem Heimatrecht zu bestimmen“.

Zudem wurden die Überleitungsvorschriften ergänzt. So sollen Eheleute, die am 1.5.2025 bereits einen Ehenamen führen, diesen nunmehr auch als Doppelnamen neu bestimmen können.




Bundestag beschließt Selbstbestimmungsgesetz


Nach einer teils hochemotionalen Debatte hat der Bundestag am 12.4.2024 grünes Licht für das neue Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung gegeben. Das Plenum stimmte in namentlicher Abstimmung mehrheitlich für das Gesetz. Bei insgesamt 636 abgegebenen Stimmen votierten 374 Abgeordnete für das Gesetz. Mit Nein stimmten 251, elf Abgeordnete enthielten sich. Unterstützung für das Gesetz der Koalition kam aus der Gruppe Die Linke. Union, AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lehnten eine Zustimmung klar ab.

Mit dem neuen Gesetz soll es leichter werden, seinen Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu lassen. Es sieht vor, dass Menschen ab 1.11.2024 die entsprechende Änderung per Erklärung gegenüber dem Standesamt vornehmen können. Die bisherige Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung und mehrere Gutachten vorzulegen, soll wegfallen. Die Erleichterungen betreffen vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, die bislang hohe Hürden auf sich nehmen mussten, um ihren Geschlechtseintrag samt Vornamen auf

dem Amt ändern zu lassen. Sie müssen bis heute dafür ein langwieriges und kostspieliges Verfahren mit Sachverständigengutachten durchlaufen. Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird das seit 40 Jahren geltende Transsexuellengesetz abgelöst. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelungen des Gesetzes mehrfach in Teilen für verfassungswidrig erklärt und auf die demütigenden Verfahren für Betroffene hingewiesen.



Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin


 

Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat am 15.4.2024 ihren Abschlussbericht an die Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Gesundheit und der Justiz übergeben. Die Kommission empfiehlt:

(1) Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft sollten rechtmäßig sein. Für Abbrüche in der mittleren Phase der Schwangerschaft steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Außerdem sollten wie bisher Ausnahmeregelungen vorgesehen sein, zum Beispiel bei einer Gesundheitsgefahr der Schwangeren.

(2) Die Eizellspende könnte unter engen Voraussetzungen ermöglicht werden.

(3) Aufgrund ethischer, praktischer und rechtlicher Überlegungen sollte die altruistische Leihmutterschaft verboten bleiben oder lediglich unter sehr engen Voraussetzungen (zB nahes verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis zwischen Wunscheltern und Leihmutter) ermöglicht werden.

Die Kommission wurde als interdisziplinär zusammengesetztes Gremium berufen und hatte sich am 31.3.2023 konstituiert. Die Kommission bestand aus 18 Expertinnen und Experten unter anderem aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht. In zwei Arbeitsgruppen sollten Möglichkeiten der Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft geprüft werden.



Digitale Scheidung in 21 Minuten - für das falsche Paar


Die Tücken der Digitalisierung haben in England zu einer unfreiwilligen vorzeitigen Scheidung geführt: Eine Anwaltskanzlei wählte im Dropdown-Menü des Online-Portals die falsche Mandantin aus und stellte für sie den Scheidungsantrag. 21 Minuten später war alles vorbei.

Wie der Guardian am 15.4.2024 berichtete, hatte sich ein Ehepaar nach 21 Jahren getrennt, rang aber noch um die Scheidungsmodalitäten. Das Ende kam dann schneller als gedacht: Mitten in den Verhandlungen stellte ein Angestellter der Anwaltskanzlei Vardags, die die Frau vertrat, per Button den Scheidungsantrag und die Ehe wurden binnen 21 Minuten geschieden. Der Angestellte hatte eigentliche eine andere Mandantenakte

aufrufen wollen, die zur Scheidung reif war.

Obwohl die Ehefrau keinen Auftrag erteilt hatte, konnte die Scheidung nicht revidiert werden. Eine Aufhebung des Scheidungsbeschlusses lehnte der High Court ab, um „das starke öffentliche Interesse an der Sicherheit und Endgültigkeit der Scheidung“ zu erhalten.

Die Inhaberin der betroffenen Kanzlei, Ayesha Vardag, die laut Süddeutscher Zeitung als bestbezahlte Scheidungsanwältin Londons gilt, kritisierte die Entscheidung: Der Staat dürfe Menschen nicht aufgrund eines Büroversehens scheiden. Der Richter korrigierte allerdings den Eindruck, dass bloß ein falscher Klick zu der Scheidung geführt habe. Vielmehr sei das Online-Portal so angelegt, dass der Nutzer erst eine Reihe von Bildschirmen durchlaufen müsse, bis die Scheidung letztendlich beantragt werden könne. So auch hier: Der Angestellte der Kanzlei hatte gleich zu Beginn die falsche Akte ausgewählt und anschließend diesen Fall durch die gesamte Prozedur geführt. Das System habe dann in seiner „nun üblichen Geschwindigkeit“ gearbeitet.

Der Guardian erinnerte daran, dass Vardag 2010 im Fall der deutschen Erbin Katrin Radmacher erstmals die Wirksamkeit eines deutschen Ehevertrags im britischen Scheidungsrecht durchgesetzt und damit englische Justizgeschichte geschrieben hatte.

 

 

 

 

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